Es war eine schwierige Geburt, aber immerhin: im 2. Wahlgang 'fiel noch ein Vertreter des Landkreises Ostallgäu um', d. h. er fiel auf die Seite der Vernunft. Mit 12 zu 6 Stimmen (davon offenbar alle 9 Vertreter aus Kaufbeuren und ) wurde gerade die erforderliche 2/3- Mehrheit erreicht, um die Schließung der Klinik in Marktoberdorf zu beschließen.
Ich hatte mehrfach über das Thema berichtet, zuletzt in dem Blott "Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren: Landrat Johann Fleschhut verhöhnt die Ostallgäuer Bürgermeister". Der angesichts eines schon in diesem Jahr zu erwartenden Defizits von 9 Mio. € fiskalisch geradezu haarsträubend verantwortungslose Plan des Landrates Johann Fleschhut, ab 2014 die Haftung der derzeit mit 50% beteiligten Stadt Kaufbeuren auf 1 Mio. € zu begrenzen und den Rest dem Landkreis aufzubürden (solange dieser nicht ein Krankenhaus schließen würde), ist gescheitert.[Nähere Infos über den Kompromissvorschlag bietet u. a. auch der Artikel "Schulterschluss der Bürgermeister. Mit fünf Krankenhäusern bis 2014 mehr Wirtschaftlichkeit erreichen" in der Augsburger Allgemeinen vom 25.07.2011]
Welche Szenarien im einzelnen in der vierstündigen Verwaltungsratssitzung am gestrigen Mittwoch, 27.07.2011, nacheinander zur Abstimmung standen, ist dem heutigen Bericht "Marktoberdorfer Klinik wird geschlossen" von Renate Meier in der Allgäuer Zeitung nicht zu entnehmen. Man erfährt dort insoweit lediglich:
"Zuvor waren in der nichtöffentlichen Sitzung offenbar mehrere andere Vorschläge zur Sanierung des Unternehmens an der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit gescheitert. Auch der Vorschlag, das Marktoberdorfer Krankenhaus zu schließen, fand zunächst nur eine Mehrheit von elf zu sieben Stimmen. Nach weiteren gescheiterten Einigungsversuchen rief Vorsitzender Stefan Bosse nochmals dieses Szenario auf. Nun votierten zwölf der 18 Verwaltungsräte für das Aus der Klinik in der Kreisstadt mit 115 Betten und 200 Mitarbeitern."
In diesem Bericht der Allgäuer Zeitung findet man auch ein kurzes Video mit den Vorwürfen des frustrierten Marktoberdorf-Lobbyisten Fleschhut gegen die Stadt Kaufbeuren, die von deren Oberbürgermeister Stefan Bosse an der gleichen Stelle überzeugend zurückgewiesen wurden:
Am 21.07.2011 abends hatte ich der Allgäuer Zeitung den nachfolgenden Leserbrief (zu Fleschhuts o. a. Angebot einer Haftungsreduzierung an Kaufbeuren ab dem Jahr 2014) zugemailt:
"Dem Ostallgäuer Landrat Johann Fleschhut Glückwunsch zu der von ihm gekreißten Kliniken-(Kompro-)Missgeburt! Derweilen kreist im Kreistag die Dyskalkulie: Wenn Kienbaum auf Basis von hypothetisch 6 Mio. € Miesen im Szenario ohne Krankenhausschließung ein Optimierungspotential auf 2 Mio. Miese ermittelt, errechnet sich bei tatsächlich 9 Mio. Verlust ein Defizit von 5 Mio. Ab 2014 müsste also der Landkreis nach aktuell realistischer Perspektive für 4 Mio. € einstehen! Diese Lösung ... entspreche vollinhaltlich der Linie, die vor zwei Wochen mehr als drei Viertel der Ostallgäuer Bürgermeister empfohlen hätten, so Fleschhut" meldete die AZ. Die Bürgermeister jedoch haben die Festlegung des Verwaltungsrates auf eine Klinikschließung zum jetzigen Zeitpunkt gefordert, falls 2014 das Defizit nicht auf 2 Mio. gesunken ist. Davon ist in dem Kompromiss mit Kaufbeuren keine Rede. Fleschhut hat also der Klinik in MOD bis 2014 Zeit gekauft - und dann schaun mer mal. Hätten die Bürgermeister nur einen Funken Selbstachtung, würde ein Proteststurm gegen diesen MODernen Autokraten losbrechen! Oder war das nur ein Alibi-Beschluss?"
Diesen Leserbrief hat die Zeitung nicht veröffentlicht. Über die Gründe kann ein Außenstehender natürlich nur spekulieren. Ich vermute, dass diese personenbezogene Kritik den Redakteuren zu scharf war. Es ist im deutschen Journalismus eine leider häufig anzutreffende Erscheinung (oder, aus meiner Sicht: Krankheit), dass "die Politik" bzw. "die Politiker" kritisiert werden, obwohl natürlich fast immer ganz bestimmte Positionen gemeint sind. Da ist es denn kein Wunder, wenn auch viele Bürger nicht differenzieren und pauschal gegen "die Politiker" wettern.
Zur Ehrenrettung der Zeitung muss jedoch auch gesagt werden, dass sie sich am 27.11.2011, also genau am Tag der entscheidenden Verwaltungsratssitzung, in einem Kommentar "Verantwortung übernehmen" von eben jener Renate Meier, die dann auch über das Resultat berichtete, unmissverständlich gegen die Fortsetzung des Defizitkurses bei den Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren positioniert hat. Frau Meier ist (wenn die Angaben in diesem Artikel von vor einem Jahr noch zutreffen) Leiterin der Lokalredaktion Kaufbeuren/Buchloe. Auszüge (meine Hervorhebungen):
"Die vergangenen Wochen vermittelten den Eindruck, als gäbe es für die Bürger in der Region nichts Wichtigeres, als alle ihre Krankenhäuser behalten zu wollen, in denen (samt [der privaten Klinik in:] Pfronten) aber tagein tagaus an die 280 Betten leer stehen. Alle Ostallgäuer Steuerzahler wurden nie wirklich gefragt, ob sie dafür Jahr für Jahr Millionen Euro ausgeben wollen. Vielmehr dominierten Lobbyisten die Debatte. Sie sperrten sich aus falsch verstandenem Lokalpatriotismus jeglicher Veränderung. Den verantwortlichen Politikern ist es leider nicht gelungen , die Bürger frühzeitig - also nach der Kommunalwahl 2008 - auf unvermeidliche Einsparungen in der Kliniklandschaft vorzubereiten ..... . Selbst wenn es nur noch zwei Krankenhäuser im Verbund gäbe, nämlich Füssen und Kaufbeuren, wären die Wege zur nächsten Klinik von allen Ostallgäuer Orten aus keinesfalls länger als in anderen Regionen Bayerns. Die meisten Menschen verschließen sich in der Regel vernünftigen Argumenten nicht. ..... Inzwischen ist die Klinikdebatte im Ostallgäu emotional aufgeheizt. Die verantwortlichen Politiker [konkret ist hier offenbar der Ostallgäuer Landrat Johann Fleschhut gemeint!] reagieren irrational - sie scheinen sich bereits im Kommunalwahlkampf für 2014 zu befinden. Das ist unverantwortlich. Heute haben sie im Verwaltungsrat die Gelegenheit, zu beweisen, dass sie zum Wohle des Volkes handeln. Sie müssen sich dieser Verantwortung stellen. Eine vernünftige und bezahlbare Entscheidung muss getroffen werden. Ein "Weiter so" bedeutet, dass wir über unsere Verhältnisse leben. Wir schimpfen über Griechenland und türmen in unserer kleinen heimischen Region ebenfalls Schuldenberge auf, die nicht mehr überschaubar sind. Das ist definitiv der falsche Weg."
Angesichts derart klarer Worte sei es der AZ verziehen, dass sie meinen Leserbrief wegzensiert hat.
Nicht verzeihen dürfen wir Wähler diesem Herrn Landrat, dass er sich gegen die eindeutigen Interessen der Steuerzahler für Partikularinteressen stark gemacht hat, dass er dabei nicht einmal vor Täuschungsmanövern und wahrheitswidrigen Behauptungen zurückgeschreckt ist (dass nämlich sein Kompromissvorschlag dem Willen der Bürgermeister entspreche) und dass er einen 'Kompromissvorschlag' präsentiert hat, der für den Landkreis zur finanziellen Katastrophe hätte werden können.
Noch in dem o. a. Video diskreditiert er praktisch die 3 (unbekannten?) verantwortungsbewussten Vertreter des Landkreises, indem er ihnen unterschwellig eine Kollaboration mit der als 'Gegner' verstandenen Stadt Kaufbeuren unterstellt. Dieser Mann verschleudert also nicht nur gewissenlos die Steuergelder der Bürger: er vergiftet sogar hemmungslos das politische Klima im Landkreis, um sich mit aller Gewalt als Schutzpatron seines Marktoberdorfer 'Hauptstadtkrankenhauses' aufspielen zu können.
Ein solches Lobbyverhalten darf sich politisch nicht auszahlen! Was immer seine sonstigen Verdienste sein mögen: Der derzeitige Ostallgäuer Landrat Johann Fleschhut muss bei der nächsten Wahl abgewählt werden!
Unter dem Kommentar von Frau Meier war der - ebenfalls online nicht allgemein verfügbare - Bericht "Wengert: Freistaat würde Betten streichen" abgedruckt. Wir wollen uns hier notieren, dass auch der Füssener SPD-Landtagsabgeordnete Paul Wengert sich für den Fortbestand aller fünf Kliniken eingesetzt hat, also ebenfalls dem finanzpolitisch verantwortungslosen Lobbyistenklüngel zuzurechnen ist. Mir geht es hier aber hauptsächlich darum einige Daten aus dem Artikel festzuhalten, die mithelfen können, die ökonomische Schieflage der Kliniken zu verstehen (meine Hervorhebung):
"Im Ostallgäu (mit Kaufbeuren) gibt es derzeit ... 857 Planbetten im Kommunalunternehmen und in der privaten Klinik Pfronten. Mit 4,87 Planbetten je 1000 Einwohner (ohne Bezirkskrankenhaus) liegt die Region über dem Landesdurchschnitt von 4,29 Betten. Dies entspräche im Ostallgäu rund 755 Planbetten. 2010 lag die Belegung der Betten im Ostallgäu nur bei 67,5 Prozent."
Das sind natürlich zu wenige Daten, um die Ursachen der Defizite in den allerletzten Details zu verstehen (insoweit wäre z. B. auch ein Vergleich der Personalstärke im Ostallgäu mit den landesweiten Durchschnittswerten interessant). Klar ist allerdings, dass die 'Unterbelegung' von beinahe einem Drittel ohne die Schließung von zumindest einer Klinik nicht nennenswert zu beheben gewesen wäre. Und ebenso sollte es klar sein, dass bei einer derartig geringen Kapazitätsauslastung die Kliniken insgesamt nicht ohne ein enormes Defizit betrieben werden können - wo und welche Einsparungspotentiale die Unternehmensberatung Kienbaum ansonsten auch identifiziert haben mag.
Politiker, die sich als Schutzherren unwirtschaftlicher Strukturen verstehen, müssen weg - im Landkreis, oder wo auch immer sie sonst ihr Unwesen treiben!
Fragt sich, ob das mein vorerst letzter Blott zum Thema "Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren" war - oder ob der Landrat demnächst versuchen wird, die Ausführung des Schließungsbeschlusses auf der sozusagen technischen Ebene zu sabotieren oder durch Obstruktionspolitik endlos hinauszuzögern. Vielleicht irre ich mich, aber angesichts der bisherigen 'Performance' dieses Politikers traue ich ihm derartiges durchaus zu.
P. S.: Interessant wäre es zu erfahren, woran das Kompromissmodell des Landrats gescheitert ist. Wurde es von den Kaufbeurener Vertretern abgelehnt, wollten die nicht bis 2014 warten, um die Verluste zu reduzieren? Oder haben die Verwaltungsratsmitglieder aus dem Ostallgäu noch rechtzeitig erkannt, in welche finanziellen Abgründe der Landrat den ihm anvertrauten Kreis mit diesem Modell möglicher Weise geführt hätte?
Vielleicht wird das Anzeigenblatt "Kreisbote" nächste Woche mehr darüber berichten?
Bislang findet man (in der Kaufbeurener Ausgabe) lediglich einen Artikel vom 27.07.11 über den Sachstand vor der VR-Sitzung: "Klinikverbund: Die Entscheidung naht". Interessant ist daraus im Hinblick auf meine o. a. Fragestellung evtl. die Information:
"Eine in der letzten Woche angekündigte schriftliche Vereinbarung für einen Kompromissvorschlag zwischen Landkreis und Stadt existierte bis Dienstagmittag nicht."
Hat da jemand - und ggf. wer? - doch kalte Füße gekriegt? Oder sind kreisintern die Bürgermeister und/oder sonstige Kreispolitiker gegen diesen fiskalischen Wahnsinnsplan auf die Barrikaden gegangen?
Nachtrag 29.07.2011
Die Steuergeldverschwender versuchen jetzt, diejenigen (leider nur:) 3 Verwaltungsräte aus dem Landkreis, die ganzheitlich und verantwortungsbewusst gedacht und abgestimmt haben, zu mobben. Landrat Fleschhut kritisiert:
"... mindestens drei Verwaltungsräte aus dem Landkreis hätten anders abgestimmt, als sie dies vor der Sitzung versichert hätten." Soll heißen: die drei Abweichler haben die Interessen des Landkreises verraten. (Siehe AZ-Bericht "Klinikstandort Marktoberdorf bleibt nach Schließung zwei Jahre erhalten" vom 29.07.11.)
In diesem Artikel erfahren wir auch, dass die CSU-Politiker voll auf der Verschwenderseite stehen (und dass die Abstimmung geheim erfolgte):
"CSU-Verwaltungsrat Lars Leveringhaus aus Obergünzburg ist sich sicher, dass die drei CSU-Vertreter aus dem Ostallgäu ihre Zusagen eingehalten haben und in geheimer Abstimmung für den Erhalt aller fünf Häuser votierten."
Kumpanei hatte auch Angelika Schorer, (CSU), stellvertretende Landrätin und stellvertretendes Mitglied im Verwaltungsrat des Kommunalunternehmens Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren, von den Kreispolitikern erwartet, und stimmt in den Mobbing-Chor ein:
"Dass auch Verwaltungsräte aus dem Landkreis dafür votiert haben, «darüber bin ich vor allem menschlich äußerst enttäuscht" ("Stimmen aus Buchloe und Füssen zur Schließung der Marktoberdorfer Klinik", AZ 29.07.11).
Wir Steuerzahler kennen also unsere Gegner: die CSU, der Landrat, mutmaßlich auch die SPD
("Das ist ein herber Schlag für die Kreisstadt, ihr Umland und die Klinik-Beschäftigten», betont SPD-Landtagsabgeordneter Dr. Paul Wengert. Sein Ziel sei der Erhalt aller fünf Häuser gewesen" - Artikel "Stimmen aus Buchloe ...")
Im Grunde ist die Lage im Ostallgäuer Kreistag ähnlich derjenigen in Berlin beim Eurozonen-Bailout: die Veruntreuung von Steuergelder erfolgt durch eine informelle große Koalition aller Parteien.
Nur dass es hier im Klinikenstreit das gegenläufige Interesse der Stadt Kaufbeuren gab - und drei Personen mit Charakter, die sich der Klientelismus-Kumpanei entzogen haben.
Aus den Reihen dieser Verantwortungspolitiker können wir anhand der Pressemeldungen bislang lediglich einen mit ziemlicher Sicherheit identifizieren, nämlich Wolfgang Gerum:
"Selbstkritisch fragt [der Marktoberdorfer Bürgermeister ] Himmer, ob er nicht als Kreisrat der FW in den Verwaltungsrat hätte gehen sollen. Denn der jetzige FW-Vertreter Wolfgang Gerum hatte öffentlich die Fünfhäusigkeit angezweifelt" ("Klinikstandort Marktoberdorf ..."). (Zu Gerum vgl. näher meinen vorangegangenen Blott.)
Nachtrag 01.08.2011
Wie erwartet: Landrat Johann Fleschhut legt bereits seine Minen aus, um den Verwaltungsratsbeschluss mehr oder weniger zu sabotieren: "Fleschhut fordert Konzept für Weiternutzung der Marktoberdorfer Klinik" berichtet die AZ von heute. Als ob MOD einen Anspruch gegen die Klinikbetriebe auf irgendeine Form von Fortführung hätte! Davon war jedoch in dem Verwaltungsratsbeschluss keine Rede. Aber was kümmert einen Ostallgäuer Kleinkönig ein Verwaltungsrat?
Nachtrag 04.08.2011
Der "Kreisbote" ist nur ein Werbeblatt und somit keine "richtige" Zeitung. Aber die Berichterstattung über den Klinikdisput ist vorzüglich. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass der Kreisbote nur wöchentlich erscheint. Somit sind zwar einerseits die Nachrichten dort nicht brandaktuell; andererseits kann die Redaktion aber eben dadurch in Ruhe das Wesentliche herausarbeiten. Aus dem (langen) Bericht "Nach Beschluss folgt der Blick nach vorne" von Kai Lorenz (03.08.11) waren aus meiner Sicht besonders folgende Informationen interessant:
"So hatte der Kaufbeurer Stadtrat beschlossen, dass man nicht über eine Schließung des Krankenhauses Marktoberdorf abstimmen werde, wenn der Defizitanteil Kaufbeurens ab 2014 nur noch maximal eine Million Euro betrage. „Dieser Vorschlag fand im Klinikverwaltungsrat ebenfalls keine Zweidrittelmehrheit“, so Bosse. ..... Der Vorschlag wurde mit 9:9 Stimmen abgeschmettert."
Entgegen der Berichterstattung in der Allgäuer Zeitung war also der Landkreis - und offenbar auch der Landrat selbst - nicht bereit, ein evtl. 1 Mio. € übersteigendes Defizit bereits ab dem Jahr 2014 zu tragen. In dem Bericht "Nach der Entscheidung im Ostallgäu sucht man nach Lösungen für die Stadt" der Allgäuer Zeitung vom 29.07.11 (Vitalis Held) heißt es zu diesem Punkt:
"Ein Angebot des Stadtrats Kaufbeuren zur Fünfhäusigkeit bis 2014 fand keine Mehrheit, auch wenn es in Kernpunkten mit einem Lösungsansatz der Ostallgäuer Bürgermeister und des Kreistags übereinstimmte. Im Verwaltungsrat gab es mit 9:9 ein Patt, denn Landrat Fleschhut und „seine“ Verwaltungsräte wollten erst ab 2016 einen höheren Defizitanteil beisteuern. Angeblich beinhaltete der Kaufbeurer Vorschlag unzumutbare Begleitforderungen."
Was denn - ging der Streit um die Defizitdeckelung für Kaufbeuren ab 2014 oder erst ab 2016, oder ging es um "unzumutbare Begleitforderungen" Kaufbeurens an den Kreis? Und welche sollen das gewesen sein?
Zu diesem Punkt weiß wieder der Kreisbote mehr:
"Mit Blick auf diesen Vorschlag teilte der Landrat in einem Schreiben mit, dass er vor allem die damit einhergehende Satzungsänderung sowie die Einführung eines „imperativen Mandates“ als störend empfand. Laut Bosse verbirgt sich dahinter die Tatsache, dass der Landkreis ab 2014 autark über die Schließung eines im Landkreis befindlichen Hauses hätte entscheiden können. Das heißt: Die Stimmen der Verwaltungsratsmitglieder aus Kaufbeuren wären damit nicht mehr notwendig gewesen. "
Diese Information muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Der Landkreis wollte nicht akzeptieren, dass er allein zur Entscheidung über die Krankenhausschließung berechtigt gewesen wäre, wenn er das 1 Mio. € übersteigende Defizit getragen hätte!
Meine ganzen obigen Mutmaßungen, wonach Kaufbeuren Schließungen hätte blockieren, das Defizit aber dem Kreis aufbürden können, wären bei einer solchen Satzungsänderung gegenstandslos gewesen: der Landkreis Ostallgäu selbst hätte es in der Hand gehabt, seinen Verlust jederzeit zu mindern. Er hätte nur die Schließung einer oder mehrerer Kliniken im Kreis beschließen müssen - und Kaufbeuren hätte (bei ggf. entgegenstehenden Interessen) eine solche Entscheidung nicht blockieren können!
Was bedeutet die Weigerung des Landkreises, einer ihn rechtlich begünstigenden Satzungsänderung zuzustimmen?
Es gibt nur eine einzige Interpretation für diesen Sachverhalt: die Kreispolitik im Ostallgäu will ums Verrecken keine Verantwortung für eine Klinikschließung übernehmen: Die Kaufbeurener sollen die Bösewichte sein! Somit ist erneut klar geworden, dass die hiesige Kreispolitik hoffnungslos im Klientelismus verkommen ist!
Weitere Berichte der Allgäuer Zeitung zu den 'Nachbeben' des Schließungsentschlusses:
In dem o a. Artikel vom 29.07. ("Nach der Entscheidung ...") wird u. a. auch ein örtlicher Arzt mit der Aussage zitiert, "Die Notfallversorgung sei tagsüber durch die niedergelassenen Ärzte gewährleistet". Die Panikmache interessierter Kreise, dass bei einer Schließung die medizinische Versorgung der Marktoberdorfer in Notfällen gefährdet sei, erweist sich damit als Windei.
"Marktoberdorfer Parteien fordern Ausstieg aus dem Kommunalunternehmen. CSU und Grüne wütend und empört über Schließungs-Beschluss des Verwaltungsrates" (02.08.11) - nun ja: was kann man von Marktoberdorfer Politikern anderes erwarten?
"Marktoberdorfer kämpfen um Klinik. Gemeinsame Petition an den Landtag vorbereitet - Es hagelt Kritik" (04.08.11). Auszug daraus (meine Hervorhebung):
"Angemahnt wurde das Recht der Bürger auf Transparenz - auch über die fünf Tochterfirmen des KU. Gestützt auf die letzten veröffentlichten Zahlen in der Bilanz von 2008 (Quelle: Bundesanzeiger) hatte Anton Voggesser (Obergünzburg) eine Hochrechnung über das mögliche «Defizit» der Kliniken für das Jahr 2009 angestellt und kam, wie er vortrug, auf 13 Millionen Euro."
Einigermaßen erschreckend ist für mich die Nachricht, dass es "17.000 Unterschriften gegen eine Schließung des Krankenhauses" in MOD gab. Den Bürger selbst ist es also offenbar nicht nur gleichgültig, wenn ihre eigenen Steuergelder durch den Erhalt überflüssiger Krankenhäuser zum Fenster rausgeworfen werden: sie verlangen das sogar noch. Armes Deutschland!
Nachtrag 08.08.11
Die Bevölkerung von Marktoberdorf hängt sehr an ihrer Klinik; vgl. Bericht "Diskussion zur Klinikschließung im Modeon" der Allgäuer Zeitung vom 06.08.2011:
"Wut, Trauer und eine großes «Warum» hingen am Donnerstagabend über dem Modeon. Buhrufe und Pfiffe begleiteten Landrat Johann Fleschhut in den Saal. Harsche Kritik aus den Reihen der weit über 1000 Bürger und Bürgerinnen mussten sich bei der Informationsveranstaltung aber auch Bürgermeister Werner Himmer - auch er wurde mit Pfiffen bedacht - und Landtagsabgeordnete Angelika Schorer anhören."
Die Kritik am Landrat überrascht mich, denn schließlich hatte der ja doch mit allen Tricks für den Fortbestand des Marktoberdorfer Krankenhauses gekämpft. Vielleicht verübelte man ihm, dass er nicht für eine Schließung der Krankenhäuser in Obergünzburg und Buchloe eingetreten ist; damit hätte sich das Defizit vielleicht auch ohne Schließung von MOD (sogar mehr?) reduzieren lassen.
Hier ein Video des Allgäu-TV von der Bürgerversammlung:
Nachtrag 14.08.2011
Über die Veranstaltung im Modeon berichtete am 11.08.2011 auch der Kreisbote u. d. T. "Emotionen, Pfiffe, deutliche Worte". Der weitere einschlägige Artikel "Fleschhut und Bosse im Clinch. Das Führungsduo des Kliniken-Verwaltungsrats liefert sich öffentlichen Schlagabtausch" aus der gleichen Ausgabe ist nicht online.
Nachtrag 21.08.2011
"4,1 Millionen Euro Defizit der Kliniken im Jahr 2010. Verluste sinken im Vergleich zu 2009" meldet die Allgäuer Zeitung vom 20.08.11. Sinkende Verluste? Das ist natürlich kein hinnehmbarer Zustand für die Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren. Deshalb werden sie in diesem Jahr auch wieder kräftig zulegen: 7,5 Mio. Miese, oder auch 9,r Millionen: so genau weiß man das jetzt noch nicht. Jedenfalls: die Richtung (nach unten) stimmt!
Interessanter Weise hatte die Klinik Marktoberdorf die geringsten Verluste: nur ca. 200.000,- €. Warum es sich für die Sanierung des Gesamtunternehmens dennoch lohnt, ausgerechnet dieses Haus zu schließen, wird so erklärt, wie ich es vermutet hatte: aufgrund der Zentrallage des Ortes im Landkreis erwartet man, die bisher dort behandelten Patienten auf jeden Fall in den Kreiskliniken behalten zu können.
"Warum aber gerade das Haus Marktoberdorf schließen, wo dieses im Quintett doch noch am besten da steht? Bosse begründete dies - hier vereinfacht dargestellt - mit dem Budget, das der Klinikverbund von den Kassen erhalte. Schließe man Häuser am Landkreisrande, falle deren Budgetanteil ganz oder größtenteils weg. Bei Schließung der Klinik Marktoberdorf falle die Budgetkürzung weniger stark aus, weil man mit weniger abwandernden Patienten rechnen könne."
Textstand vom 21.08.2011
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