Mittwoch, 7. September 2011

Der GAU für Schwangau: Namensgeheimnis in Füssener Klosterküche enttarnt!

"Wiggerl" heißt er, so schaut er (jetzt) aus, und ist seit Kurzem das Schwangauer Maskottchen: ein Schwan natürlich, dem man auch sonst auf Bildern, Skulpturen, als Keramik oder in der Heraldik überall begegnet, und natürlich auch als Lebendexemplar auf den vier ganz oder teilweise im Schwangauer Gemeindegebiet gelegenen Seen.

Ein Blogger freilich, welcher sich auch sonst der Entmythologisierung befleißigt (und z. B. festgestellt hat, dass der Heilige Koloman von der Kirche niemals offiziell zur Ehre der Altäre erhoben wurde), darf auch nicht davor zurückschrecken, die werbewirksame Schwangauer Etymologie zu dekonstruieren.

Es geschah am vergangenen Dienstag, nachmittags gegen 16 Uhr. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt ging ich in die ehemalige Küche des Klosters St. Mang in Füssen.
Draußen vor den Fenstern der Füssener Stadtbücherei (welche kürzlich in diese Räumlichkeiten hinein erweitert worden war) plätscherte im barocken Heckengarten der Brunnen der Erkenntnis:




Drinnen entdeckte ich in der Sachbuchabteilung ein uraltes Ortsnamenbuch von anno 68 ["68er" - passt doch auch irgendwie zur Demythologisierung?].
Gierig wie ich einst im Konfirmandenunterricht die Bibel durchgeblättert hatte (damals freilich gänzlich frei von etymologischen Interessen), suchte ich jetzt die Eintragung über "Schwangau" heraus - und siehe da: Mit Schwänen hat die Entstehung dieses Ortsnamens überhaupt nichts zu tun:
"Schwangau, ON in Bayern (Allgäu); 1158 Swanegau = swanig-au, d. h. Au, Ort, auf der junger Holzwuchs geschwunden, gerodet worden ist; vgl. Schwanden ..... ."


Nachdem ich solchermaßen aus dem Born der Weisheit getrunken hatte, erkundete meine Digicam noch ein wenig die sehr schön neu gestaltete und geräumige Bücherei.

[Über meine Beziehungen zu Büchereien, Bibliotheken und Buchläden vgl. z. B. auch Postings wie "Lohn der Angst", "Backfisch, Fuckbitch - oder Lonely Kraut?" sowie "Ein Steinbruch der Unsterblichkeit" in meinem Parallelblog CANABBAIA oder im Schwanbürger "Die schönste Buchhandlung der Welt ..."].

An einer Stelle der Räumlichkeiten öffnet sich von einem Gang eine Tür zu einem mönchischen Hortus conclusus, wo ein einsamer Tisch auf Gäste wartet:

Minniglich blüht es auch hinter Klostermauern:

Ave ......
 
Hm, und welchen Titel soll ich diesem Foto geben? Vielleicht "de profundis"?


 Draußen im Sonnenlicht lockt glitzerndes Leben .....

   
..... doch die Mönche sind sicher verwahrt:


Sogar der Himmel lässt ihnen nur gesiebte Luft zukommen:


 Aber drinnen, in der ehemaligen Orangerie, .....




..... öffnet sich den Eremiten des Buches die Welt.





Textstand vom 07.09.2011

3 Kommentare:

  1. hmmmm ich habe bei SCHWANgau irgendwie nie an einen Schwan gedacht ;-) Mit dem Schwan als Maskottchen assoziiere ich eher die Liebe von König Ludwig zu den Schwänen ;-) denn im Schloss Neuschwanstein ist ja viel von Lohengrin zu sehen im Gegensatz zu seinen anderen Schlössern. Aber ganz egal aus welchen Gründen.... wozu braucht Schwangau ein Maskottchen??? Also was ist der Sinn dahinter?

    AntwortenLöschen
  2. Schwangau macht schwer auf Schwan: vgl. z. B. das Ortswappen (Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Schwangau). Mittlerweile wirbt das Dorf sogar schon mit Wolkenbannern (http://kinicounty.blogspot.com/2011/06/cloud-computing-war-gestern-schwangau.html).

    Aber auch die alten Schwangauer Rittersleut' hatten den Schwan bereits im Wappen (d. h. das Missverständnis bezüglich des Ortsnamens muss schon sehr früh entstanden sein): vgl. das Schildwappen des Minnesängers Hiltbold von Schwangau auf der Buchillumination in der Manesse-Handschrift (http://www.manesse.de/manesse/img/ausschnitte/Aus-046-Tanzen75-282-456-725.jpg).

    Das Maskottchen ist als Werbefigur auf Kinder ausgerichtet (vgl. z. B. auf dieser Webseite der Gemeinde - http://www.schwangau.de/wiggerl.html?&MP=385-1695). Die Idee ist keineswegs neu (ich kann mich an "Lurchi" von Salamander-Schuhen erinnern - sowas haftet lange!); im Bereich des Fremdenverkehrs aber wohl noch nicht so sehr weit verbreitet.

    AntwortenLöschen
  3. Nachtrag: zur Schwangauer Wappengeschichte vgl. hier http://www.datenmatrix.de/projekte/hdbg/gemeinden/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9777169:

    "Die Gemeinde hat das Wappen der Herren von Schwangau übernommen. Es ist ein redendes, den (Orts)Namen erklärendes Wappen."

    Na ja: "redendes" Wappen im Sinne einer echten Erklärung des Wortursprungs ist es nicht, wohl aber im Sinne eines späteren volkstümlichen Verständnisses der Herkunft.
    Das gibt es häufig, z. B. auch in unserem früheren Wohnort Wächtersbach, wo das Wappen einen an einem Bach wachenden Ritter zeigt (http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4chtersbach). Tatsächlich soll der Name sich aber von einem Siedlungsgründer "Wechir" herleiten, bzw. die Wikipedia-Version deutet den erstmals urkundlich erfassten Namen "Weichirsbach" als „Der Bach der die Weiher speist“.

    AntwortenLöschen