Freitag, 27. Mai 2011

Hochgefährliche Bande im Landkreis Ostallgäu aktiv. Erwartete Schadenshöhe bis zum Jahresende 9 Mio. Euro!

Im Landkreis Ostallgäu treibt eine Gang ihr Unwesen.
Bandenmitglieder sind anscheinend alle im Kreistag vertretenen politischen Parteien, und sogar die Freien Wähler, von denen ich noch am ehesten eine Vertretung der Bürgerinteressen erwartet hätte. Nur die Freien Wähler in der kreisfreien Stadt Kaufbeuren haben aufgemuckt (und mussten dafür von dem Krankenhaus'paten' Landrat Johann Fleschhut harte Kritik einstecken); ansonsten berichtet die Zeitung nichts darüber, dass sich die eine oder andere Partei gegen Partikularinteressen für eine schmerzhafte Sanierung des hiesigen Krankenhauswesens eingesetzt hätte.)

Die Mitglieder der organisierten Geldvernichtung haben sich auf das Verbrennen von Steuergeldern spezialisiert.
Mit ihrem an griechische Zustände erinnernden Klinik-Klientelismus hat es die Steuerbürgerberaubungs-Gang unter der Anführung des Klinik'paten' Landrat Johann Fleschhut (hier seine Homepage) mittlerweile dahin gebracht, dass "das zu erwartende Defizit der Kliniken Ostallgäu/Kaufbeuren für 2011 statt sechs, neun Millionen Euro beträgt."

 Über dieses Drama hatte ich bereits neulich sehr ausführlich in meinem Blott "Griechenland im Landkreis Ostallgäu? Landrat Johann Fleschhut und Kreistag: solidarisch pro krankes Klinikwesen - und kontra Steuerzahler" berichtet. Damals war man allerdings noch von einem Defizit von 6 Mio. Euronen ausgegangen.

Auf Nachfrage der Allgäuer Zeitung hat eine Sprecherin des bayerischen Ministeriums für Umwelt und Gesundheit zur Diskussion über die Kliniken im Ostallgäu erklärt, dass es deutlich mehr Krankenhausbetten als in anderen Landkreisen gibt:
"Mit 857 Planbetten bei den Kliniken in der Stadt Kaufbeuren und im Landkreis Ostallgäu (berechnet mit der St.-Vinzenz-Klinik in Pfronten, aber ohne das Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren) ergibt sich ein Wert von 4,87 Planbetten je 1000 Einwohner. In Bayern liegt der vergleichbare Durchschnittswert bei 4,29 Planbetten. Die 857 Betten waren im Jahr 2010 im Durchschnitt nur zu 67,5 Prozent belegt." (Zum Vergleich: bundesweite durchschnittliche Bettenauslastung in 2009 lt. statistischem Bundesamt 77,5%, also exakt 10 Prozentpunkte geringer, bezogen auf den Ausgangswert müsste also die Belegung um 15% gesteigert werden, um nur den Durchschnitt zu erreichen!)

Mit einer Schließung der Krankenhäuser in Marktoberdorf, Obergünzburg und Buchloe könnte der Krankenhauszweckverband Kaufbeuren-Ostallgäu Millionengewinne einfahren; mit einer Schließung des Krankenhauses Marktoberdorf nach Berechnungen der Unternehmensberatung Kienbaum vielleicht einen kleinen Gewinn. Schon das erscheint mir zweifelhaft in einer Lage, in welcher die Defiziterwartungen mal eben um 50% nach oben korrigiert werden müssen. Die Politik unter Anführung des Landrates (von den Freien Wählern!) will aber weiterhin Defizite tragen, indem sie zwar an den kleinen Krankenhäusern einzelne Abteilungen schließen bzw. austauschen, jedoch alle fünf Krankenhäuser erhalten will. Zudem will Landrat Fleschhut das bereits für diese Variante Verluste von ca. 1 Mio. € prognostizierende einschlägige Modell der Unternehmensberatung noch weiter verwässern, indem er sogar die defizitäre Geburtenabteilung im Füssener Krankenhaus (die mangels ausreichender Belegung geschlossen werden sollte) und das Wundzentrum (das in die Buchloer Klinik verlegt werden sollte) in Marktoberdorf belassen will.

Der Verwaltungsrat der Kliniken hätte eigentlich gestern, am 26.05.2011, ein Sanierungskonzept beschließen sollen, konnte sich jedoch nicht einigen. So wurde die Entscheidung auf den 8. Juni vertagt. Anscheinend will man die Beraterfirma so lange bearbeiten, bis die ein Gefälligkeitsgutachten erstellt, mit dem man den Kreispolitikern die Erhaltung aller 5 Kliniken schmackhaft machen kann. Nur so jedenfalls kann ich den Passus der Meldung von RSA-Radio vom 27.05.11 deuten:
"In der Zwischenzeit sollen noch einmal Gespräche mit der Beraterfirma Kienbaum stattfinden. Das Unternehmen soll einen Vorschlag ausarbeiten, wie das Marktoberdorfer Krankenhaus gerettet werden könnte."


Die hiesigen Bürger regen sich nicht auf über die in der Steuerverheizergang organisierte Verantwortungslosigkeit.
Für mich ist das insofern erstaunlich, als das Allgäu doch bislang für seine Kühe bekannt war.
Oder ist man speziell im Landkreis Ostallgäu mittlerweile auf die Schafzucht umgestiegen?
Und die haben wohl zu viel Wolle, woll?
Lasst euch nur brav scheren: das nächste Defizit kommt bestimmt!


Nachtrag 28.05.2011
Während Landrat Johann Fleschhut weiter die Interessen der Bediensteten protegiert und die Interessen der Steuerzahler verrät, möchten sich nun doch offenbar eine ganze Reihe aus den Reihen der Steuergeld-Pyromanengang ehrlich machen. Man darf vermuten, dass es insbesondere die Verwaltungsräte aus Kaufbeuren sind, denen ein Spiel mit 9 Millionen Miesen (also 4,5 Mio. von der Stadt zu erbringende Zuschussleistung) zu heiß ist.

Da es sich um Politik handelt, sind die Hintergründe natürlich verwickelt. Die Allgäuer Zeitung berichtet darüber heute in dem Artikel "Im Streit um die Krankenhäuser im Ostallgäu und Kaufbeuren kommt es zum Eklat. Oberbürgermeister und Landrat wegen Zukunft der Kliniken erheblich über Kreuz".
 Vorsitzender des Verwaltungsrats ist offenbar der Kaufbeurener Oberbürgermeister Stefan Bosse; Stellvertreter unser Landrat.
"Als Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse gestern eine Pressekonferenz im Rathaus zu den Ergebnissen der Verwaltungsratssitzung veranstaltete, sagte sein Stellvertreter, der Ostallgäuer Landrat Johann Fleschhut, kurzerhand seine Teilnahme ab. Fleschhut veranstaltete eine Art Gegenpressekonferenz im Marktoberdorfer Krankenhaus. ..... Fleschhuts Ärger entzündete sich wohl daran, dass beschlossen wurde, in der Sitzung geheim abzustimmen. Und er hatte wohl gehofft, dass sich die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für einen Erhalt aller fünf Häuser finden würde. Diese fand sich aber nicht. Statt dessen wurde die Sitzung auf voraussichtlich den 8. Juni vertagt. Und eine Schließung von Marktoberdorf könnte dann auf die Tagesordnung kommen. OB Bosse verwies darauf, dass der Klinikenverbund heuer wohl gar neun Millionen Euro Defizit machen werde - bei einem jährlichen Durchschnittsdefizit von sechs Millionen. «Das ist auf die Dauer nicht tragbar.» Und eine Lösung bei Erhalt aller Standorte ist insbesondere laut Einschätzung des beauftragten Unternehmensberaters Kienbaum nicht möglich. Fleschhut hingegen will alle Häuser erhalten. Aus diesem Grunde habe er ein Zeichen setzen wollen - und «seine» Pressekonferenz im Krankenhaus Marktoberdorf veranstaltet."

Damit wissen wir nun definitiv, wer der Feind der Steuerzahler ist! Landrat Fleschhut mag sich bei der nächsten Wahl von den Marktoberdorfern wählen lassen; wer zu konfliktscheu ist, um die Interessen der Steuerzahlergesamtheit des Landkreises zu vertreten, den sollten die Wähler der anderen Kommunen davonjagen!

Klar: für Kaufbeuren ist die Sache einfach: deren Klinik ist die größte und bleibt schon wegen der Größe der Stadt zwangsläufig erhalten. Auch für den Landkreis insgesamt ist die Interessenlage allerdings eindeutig: mindestens müssten die Defizite auf Null gefahren werden, damit keine Zuschüsse mehr erforderlich sind. Alles andere - Erhaltung von möglichst vielen Kliniken im Kreis - ist nicht das Interesse "des" Kreises, sondern das von Buchloe, Obergünzburg und Marktoberdorf (und allenfalls noch der drum herum liegenden Dörfer). Und natürlich in erster Linie das subjektive Interesse der Beschäftigten, die nicht pendeln oder umziehen mögen. Das kann man verstehen; eine Ausbeutung der Steuerzahler rechtfertigt das dennoch nicht.

Traurig ist natürlich, dass die Politiker (solche sind es ja wohl, die im Verwaltungsrat sitzen) offenbar zu feige sind um in offener Abstimmung zu demonstrieren, dass sie nun endlich das Gemeinwohl über Partikularinteressen stellen wollen.
Noch trauriger, dass sich ein Landrat zum Advokaten genau dieser Sonderinteressen macht - und auch noch versucht, diese durch sozialen Druck - offene Abstimmung - im Verwaltungsrat der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren durchzusetzen, weil er weiß, dass ein Großteil der Verwaltungsräte seine Steuergeldvergeudung nicht mehr mitmachen will, ein öffentliches Bekenntnis aber scheut.

Die Freien Wähler - zu denen Landrat Fleschhut gehört - müssen sich fragen lassen, ob sie die wohlverstandenen Interessen aller Bürger weitsichtig vertreten wollen (letztendlich könnte ja auch Marktoberdorf seine Steuereinnahmen nützlicheren Zwecken zuführen als der Finanzierung unwirtschaftlicher Kommunalunternehmen via überhöhter Kreisumlage!), oder ob sie genau so ein mieser Interessenklüngel sind wie alle anderen Parteien auch.
Dann wäre der "frische Wind", den die Freien Wähler Ostallgäu auf ihrer Webseite ventilieren, nur heiße Luft gewesen!

P. S. Noch etwas detaillierter schildert der Artikel "Klinikbeschluss vertagt.Verwaltungsrat kann sich auf kein Szenario einigen" von Vitalis Held vom 28.05.11 die Vorgänge in der bzw. um die Verwaltungsratssitzung. Interessant hier speziell auch eine Information im letzten Absatz: "Die einen erzählen, dass die Ostallgäuer einfach gegangen sind." Man muss also vermuten, dass sich alle Ostallgäuer Verwaltungsratsmitglieder von ihrem Landrat in Geiselhaft haben nehmen lassen und in dieser Kumpanei kollusiv zum Nachteil der von ihnen vertretenen Gesamtbürgerschaft zusammenwirken. Kommen die alle aus Marktoberdorf - oder können die sämtlich nicht mehr unterscheiden zwischen Allgemeininteresse und Partikularinteressen?


Nachtrag 01.06.2011
Ein sehr ausführlicher Bericht (von Kai Lorenz, 30.05.11) über die Differenzen im Verwaltungsrat des Klinikverbundes findet sich in der Füssener Ausgabe des Werbe-Wochenblatt "Kreisbote".


Nachtrag 09.06.2011
Der Kliniken-Krampf geht weiter. "Vertagung der Entscheidung über Zukunft der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren" meldete am 08.06.11die Allgäuer Zeitung:
"Die Entscheidung, ob es im Klinikverbund künftig vier oder fünf Häuser gibt, soll nun erst Ende Juli fallen" (genauer: am 27.07.11). Damit dürfte es ausgeschlossen sein, dass die Sanierungsmaßnahmen wie geplant bereits im Sommer beginnen. "Die Politik" verschleppt den Fall, würde man in Zeitungskommentaren lesen. Das ist einer meiner ständigen Kritikpunkte an den deutschen Medien, dass man häufig von "der Politik" spricht, anstatt Ross und Reiter zu benennen. Vorliegend sind es der Ostallgäuer Landrat Johann Fleschhut und seine Getreuen (deren Namen und Parteizugehörigkeit ich bislang noch in keiner Zeitungsmeldung fand), die eine Lösung verschleppen, weil sie ums Verrecken ihr Zwergkrankenhaus in Marktoberdorf behalten wollen.
Die hiesige Druckausgabe der AZ brachte heute zwei Berichte: "Klinikprämie liegen vorerst auf Eis" in der Allgäu-Rundschau und "Die Vertagung der Vertagung" in dem hiesigen Lokalteil "Füssener Blatt".
Der erstgenannte der beiden Artikel enthielt eine interessante Information, wie ich sie bisher vergebens in den Zeitungsberichten gesucht hatte (meine Hervorhebung):
"Um eine Abstimmung über die Schließung Marktoberdorfs zu vermeiden, verließen die Ostallgäuer Vertreter [vor zwei Wochen] nach siebenstündiger Sitzung das Kaufbeurer Rathaus. Damit war das Gremium nicht mehr beschlussfähig. Zuvor waren die Szenarien, den Erhalt aller fünf Häuser weiterzuverfolgen, jeweils mit 11:7 Stimmen abgelehnt worden. Für einen gültigen Beschluss wäre eine Zwei-Dritte-Mehrheit nötig gewesen."
Das bedeutet also
  • dass um ein Haar eine 2/3-Mehrheit (12 von 18 Stimmen) für die Schließung von Marktoberdorf zustande gekommen wäre und dass
  • (wenn ich von einer paritätischen Sitzung des Verwaltungsrates aus Kaufbeurener und Ostallgäuer Vertretern ausgehe) immerhin auch 2 Ostallgäuer gegen Marktoberdorf gestimmt haben müssen. Vielleicht schwenken bis zum 27.07.11 ja noch ein oder mehrere weitere Verwaltungsratsmitglieder (Landkreispolitiker) aus dem Ostallgäu auf die Linie der Vernunft um und beenden das Sanierungsgewürge, indem sie das Kleinhospital in Marktoberdorf abwürgen. Der große Wurf wäre das zwar immer noch nicht, aber immerhin eine voraussichtlich defizitfreie Lösung.

Nachtrag 01.07.2011
Zur weiteren Entwicklung dieses politischen Trauerspiels siehe "Die bockigen Gärtner des Landkreises Ostallgäu: politischer Interessenfilz im Verwaltungsrat der Ostallgäu-Kliniken" vom 30.06.11.



Textstand vom 06.07.2011.

1 Kommentar:

  1. Ist doch alles kein problem, wir bearbeiten firma kienbaum solange wie im artikel "Hochgefährliche Bande im Landkreis Ostallgäu aktiv. Schadenshöhe zum Jahresende auf 9 Mio. Euro geschätzt!“ berichtet, bis sie uns ein gefälligkeitsgutachten erstellt! So können wir alle kliniken erhalten. Falls es schief geht, schieben wir die schuld einfach auf die beraterfirma. Dann nehmen wir einfach wieder einige 100 000€ in die hand und beauftragen eine neue beraterfirma! So bleibt alles wie bisher und alle kliniken können aufrecht erhalten werden! Nach diesem muster läuft das bereits die letzten 10 jahre! Wir sollten uns ein beispiel an unsere unterallgäuer nachbarn nehmen, welche bereits in den 80'ern einige ihrer kliniken geschlossen haben!

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